Ralf Jungblut mit der jungen Fleurimene

Werkstattleiter Ralf Jungblut erzählt von einer ganz besonderen Patientin

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Der kleine Sonnenschein Fleurimene

Einige besondere Menschen begleiten uns über eine längere Zeit hier in Haiti und kommen immer wieder mit uns in Berührung. So auch Fleurimene, ein besonderer Sonnenschein hier in Deschapelles, der bereits meine Vorgängerin Cornelia sowie Andrej (Ihr behandelnder und operierender Arzt) und mich mit Ihren Kulleraugen verzauberte.

Wie ich Fleurimene kennenlernte

Ich lernte Fleurimene im November 2014 während einer Patientensprechstunde im Lab kennen. Fleurimene, noch keine vier Jahre alt, konnte nur auf dem Boden herumkrabbeln – Belastungsfähig sahen ihre Beinchen auf keinen Fall aus. Die Kleine war noch nie gelaufen, krabbelte oder wurde getragen. Die Voraussetzungen für eine Orthoprothese waren unter den Umständen ungünstig. Hinzu kam, dass die kleine Fleurimine erst 90 cm groß war und noch nie gelaufen ist.

Der Fuß der betroffenen Seite saß mit einer dysmelischen Psydoverbindung – sichtbar im Röntgenbild – eine Handbreit unter dem Knie und wir überlegten wie eine orthopädie-technische Versorgung aussehen könnte. Andrej (Facharzt für Orthopädie aus Basel), der zu diesem Zeitpunkt auch im Campus tätig war, plante gleich die operativen Möglichkeiten.

Lange Rede – kurzer Sinn, die Eltern wurden informiert und ein kurzfristigen OP Termin wurde gefunden. Die Operation war ein voller Erfolg. Zur Heilung waren ein Silikonliner in der Clinic und ein Kompressionsstrumpf für daheim das Mittel der Wahl. Dann folgte der vereinbarte Evaluationstermin: Ein diffuses neurologisches Problem am Stumpfende innen ließ eine prothetische Versorgung zunächst unmöglich erscheinen. Zum Glück war Hans (welch ein glücklicher Zufall), ein weiterer Facharzt für Orthopädie aus Basel bis Ende Januar 2015 im HAS tätig und konnte meiner Bitte entsprechen, dieses neurologische Problem für Fleurimene in den Griff zu bekommen.

Nach weiteren Wochen der Wundheilung und Kompressionsstrumpfbehandlung konnten wir endlich gipsen und mit einer Interimsprothese versorgen. Nach kurzer Gehschulung ging Fleurimene selbstständig auf ihren kurzen Beinchen durch unsere Werkstatt – Welch toller Anblick!

Nach drei Wochen sind Vater und Tochter schließlich zur nächsten geplanten Evaluation im Lab erschienen. Wir konnten es gar nicht fassen: der Wirbelwind tanzte lachend durch unsere Werkstatt. Die Stumpfheilung war fantastisch, neurologische Probleme ein Fremdwort und der Stumpfendbereich war nun voll belastungsfähig! So konnten wir der Kleinen die endgültige Prothese inklusive Kosmetik anfertigen. Für die kontralaterale Kniescheibe habe ich meine Atrix Handcreme gespendet, damit sich die noch junge und doch sehr malträtierte Haut etwas erholen kann. Eine Messlatte an unserer Werkstattwand zeigt, wie sehr der Wirbelwind gewachsen ist – 98 cm.

Ich bin schon jetzt sehr gespannt darauf, die kleine Fleurimene in drei Monaten zur Evaluation wieder zu sehen.

Last but not least:
Ein spezieller Dank geht an Andrej und Hans für deren tolle, unkomplizierte und freundliche Zusammenarbeit mit unserer Werkstatt, der Kleinen und mir.